Neues aus dem Rathaus
Pflegeheim Schanzgasse schließt zum 31.10.2024
Erstelldatum31.07.2024
Gemeinderat berät in Sondersitzung über die Entwicklung und das weitere Vorgehen.
Sondersitzung 08.08.2024 - Tiefschlag für die Gemeinde wird kontrovers im Gemeinderat diskutiert
Wie in der vergangenen Woche verkündet wurde, schließt das Pflegeheim in der Schanzgasse zum 31.10.2024. Der Wegfall der 24 Pflegeplätzen der Paritätischen Sozialdienste gGmbH in der Ortsmitte bedeutet natürlich für die Gemeinde einen gewaltigen Einschnitt, weshalb Bürgermeister Ferdinand Truffner auch kurzerhand eine nichtöffentliche Sondersitzung am Donnerstag anberaumte. Unter Anwesenheit von Vertretern des Landratsamtes Freudenstadt berichteten Frank Ulrich, Geschäftsführer der Paritätischen Sozialdienste gGmbH, und Beate Hellstern, Heimleitung Schanzgasse, von der Entscheidung zur Schließung der Pflegeeinrichtung und zum weiteren Vorgehen der Abwicklung und möglichen Nachnutzung des Gebäudes. „Die Stimmung bei der Sitzung war nicht prickelnd“, so Truffner im Nachgang. „Herr Ulrich und Frau Hellstern haben eindrücklich von der Situation auf dem Arbeitsmarkt berichtet und damit auch die Entscheidung zur Schließung versucht nüchtern zu präsentieren.“ In der Rund zweistündigen Sitzung sei mehrmals die Kritik an der Kommunikation gegenüber Gemeinde und Landratsamt angeklungen, so Truffner.
„Die Frage stellt sich, ob man nicht früher miteinander reden und gegebenenfalls eingreifen hätte können. Diesen Ansatz kann man natürlich unterschiedlich bewerten und auch einordnen. Die Gemeindeverwaltung hatte leider keine Information zur prekären Personalsituation in dem doch mit Liebe und Fürsorge geführten Haus im Herzen von Empfingen.“ Truffner weiter: „Herr Ulrich hat uns zugesichert, dass allen Bewohnerinnen und Bewohnern schnellstmöglich Pflegeplätze in anderen Einrichtungen angeboten werden und auch die Mitarbeitenden Angebote der Weiterbeschäftigung erhalten.“
Die Mietverträge mit den vier Wohnungen bleiben bestehen und auch der Unterhalt und die Pflege des Gebäudes bleibt bis auf Weiteres gesichert. Zudem sei zugesichert worden, dass die Nachnutzung des Gebäudes eng mit der Gemeinde abgestimmt werde. Die Paritätische Sozialdienste gGmbH werden in nächster Zeit verschiedene Konzepte erarbeiten und mit uns auch Ideen entwickeln, so Truffner. Priorität für die Gemeinde habe der Erhalt von Wohnmöglichkeiten für Senioren, egal ob nun Pflegeplätze oder betreuter Wohnraum. Der Gemeinderat habe deutlich gemacht, dass man sehr genau auf die Planung der Nachnutzung achten und auch mitdiskutieren werde.
Etwaigen Gerüchten, dass man aus dem Pflegeheim eine Flüchtlingsunterkunft machen wolle, widerspricht Truffner deutlich. „Zu keiner Zeit gab es hierzu Gedanken oder Anregungen – auch nicht seitens des Landratsamtes. Das Pflegeheim Schanzgasse wird ganz sicher keine Flüchtlingsunterkunft,“ so Truffner sichtlich genervt über dieses Gerücht.
Pressemitteilung der Pasodi Unternehmensgruppe
Pressemitteilung im Wortlaut
Das Seniorenheim Empfingen schließt zum 31. Oktober 2024. Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen, doch das schwierige Marktumfeld, die stetig wachsenden Anforderungen und Auflagen in der Pflegebranche aber insbesondere der bundesweit und regional spürbare Arbeitskräftemangel zwingen uns zu diesem Schritt.
Frank Ulrich, Geschäftsführer der Pasodi Unternehmensgruppe, erklärt: „Obwohl unsere Häuser in der Regel langfristig betrieben werden und gut ausgelastet sind, ist es uns ab dem 31. Oktober 2024 nicht mehr möglich, die Einrichtung in Empfingen weiterzuführen. Besonders das hervorragende und langjährige Team hat dazu beigetragen, dass das Heim mit seinen 24 Bewohnern wie ein Familienbetrieb geführt wurde und immer sehr gut ausgelastet und beliebt war.“
Trotz unserer stabilen Personalstruktur in den letzten Jahren müssen wir feststellen, dass die aktuelle Situation es uns nicht ermöglicht, den Betrieb in der bisherigen Form fortzuführen. Einige unserer langjährigen Mitarbeiter treten in den wohlverdienten Ruhestand, internationale Mitarbeitende kehren in ihre Heimatländer zurück, und andere steigen ganz aus dem Pflegeberuf aus. Die dadurch entstandenen und noch entstehenden offenen Stellen können seit Monaten aufgrund des angespannten Arbeitsmarktes in der Region nicht adäquat nachbesetzt werden. Eine ausführliche Standortanalyse zeigt zudem deutlich, dass sich diese Situation in den kommenden Jahren nicht verbessern wird. Wir sind uns der Tragweite dieser Entscheidung für unsere Bewohnerinnen und Bewohner und Mitarbeitenden sehr bewusst. Aus diesem Grund bieten wir allen 24 Bewohnerinnen und Bewohnern sofortige Alternativen in unseren umliegenden Einrichtungen an. Hierbei werden die Bewohner aus Empfingen prioritär behandelt, um ihnen eine nahtlose und vertraute Betreuung in der Region zu gewährleisten.
Auch für unsere Mitarbeitenden haben wir vorgesorgt: Jeder von ihnen erhält ein Angebot für eine Beschäftigung innerhalb unserer nahegelegenen Einrichtungen. Erste Angebote wurden bereits ausgesprochen, und wir bemühen uns, den Übergang für alle Beteiligten so reibungslos wie möglich zu gestalten. Wir danken allen unseren Mitarbeitenden herzlich für ihren unermüdlichen Einsatz und ihr Engagement, welches unser Haus in Empfingen über viele Jahre geprägt hat.
Die Entscheidung zur Schließung und möglichen Umnutzung der Einrichtung ist ein notwendiger Schritt, um auf die veränderten Rahmenbedingungen in der Sozialwirtschaft zu reagieren. Pasodi ist und bleibt ein solides gemeinnütziges Unternehmen, das sich den aktuellen Herausforderungen stellt und sich stets anpassen wird, um seinen satzungsgemäßen Auftrag langfristig und sicher zu erfüllen. Wir danken allen Mitarbeitenden, Bewohnern und Angehörigen für ihr Verständnis und ihre Unterstützung in dieser Übergangsphase. Gemeinsam werden wir die Herausforderungen meistern und sicherstellen, dass unsere Bewohner und Mitarbeitenden in guten Händen sind.
Zur weiteren Nutzung der Immobilie können wir noch keine Angaben machen, da es zum derzeitigen Zeitpunkt noch zu früh ist, darüber zu spekulieren. Die Versorgung unserer Bewohnerinnen und Bewohner und die Begleitung unserer Mitarbeitenden in den kommenden Monaten haben für uns Priorität.
Frank Ulrich -Geschäftsführer der Paritätischen Sozialdienste gGmbH-
Stellungnahme des Bürgermeisters
"Das ist ein großer Tiefschlag für die Gemeinde", so die erste Reaktion von Bürgermeister Ferdinand Truffner.
Er erhielt am Mittwochvormittag, 31.07.2024, die Info von Frank Ulrich, Geschäftsführer, und Beate Hellstern, Heimleitung, kurzerhand persönlich vor der Betriebsversammlung übermittelt. "Ich kann es immer noch nicht glauben", so Truffner. Die Gemeindeverwaltung habe von der Problematik der Personalgewinnung gerade im Pflegeheim Schanzgasse keine Infos gehabt, obwohl man stets in engem Austausch stehe, so Truffner. "Ich finde es sehr schade, wenn man so vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Ein Gespräch zur Problematik hat leider nie stattgefunden."
Nach Aussage von Frank und Hellstern habe die Situation im Pflegeheim Schanzgasse nichts direkt mit dem Neubau in Empfingen zu tun. "Wir hatten bei der Diskussion um die Ansiedlung des neuen Pflegeheim durchaus die Sorge der Kannibalisierung von Mitarbeitenden." Dies sei aber nicht eingetroffen, zumal bisher keine Mitarbeitenden in der Schanzgasse gekündigt und zum Haus am Tälesee gewechselt hätten. Truffner: "Wir benötigen die Pflegeplätze in unserer Gemeinde weiterhin. Der Bedarf an Pflegeplätzen steige weiter, jedoch die Anzahl der Fachkräfte leider nicht." Alle Pflegeeinrichtungen suchen händeringend nach Personal. Ein Neubau ziehe natürlich Personal an und wenn mehrere Neubauten, u.a. auch das Angelika-Wössner-Stift in Sulz am Neckar realisiert werden, kann es zu einer Verschiebung der Fachkräfte kommen, so Truffner. "Ich persönlich kann nicht einschätzen, ob bei Pasodi ein Fehler in der Personalplanung vorliegt. Wir werden die Thematik aber so nicht leicht abstreifen, sondern uns für das Pflegeheim bzw. die Pflegeplätze einsetzen", so Truffner.
Aus diesem Grund habe er nun eine nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats am 8. August unter Anwesenheit von Ulrich und Hellstern anberaumt. "Hierbei soll es auch um die Thematik der Weiterbeschäftigung der Mitarbeitenden und auch der Unbringung der Seniorinnen und Senioren gehen." Was mit dem Gebäude passiere, müsse man ebenfalls diskutieren - es ist ja Premiumlage im Ortskern. Natürlich habe man mit den 60 Plätzen im Haus am Tälesee einen großen Platzpuffer geschaffen, doch sei die Gemeinde davon ausgegangen, dass mit den beiden bestehenden Pflegeeinrichtungen der Mix an Plätzen passe. Der Unmut bei Bürgermeister Truffner geht aber noch weiter: "Das Haus am Tälesee hätte ursprünglich 90 Plätze geplant, musste ja bekanntlich auf 60 Plätze reduziert werden. Da muss ich ja nicht mehr viel anmerken!"