Neues aus dem Rathaus
Spendenübergabe im Hochwassergebiet
In Rückblick auf die erfolgreiche Spendenwanderung für Flutopfer in Deutschland konnten nun die Spenden vor Ort persönlich übergeben werden. Der Dank gilt den beiden Organisatorinnen Yvonne Gaus und Kerstin Hönle - VIELEN DANK FÜR DAS EHRENAMT!
Hier finden Sie den Bericht von Yvonne Gaus und Kerstin Hönle zur Spendenübergabe an Flutopfer in Stolberg und Empfingen:
Drei emotionale und bewegende Tage liegen hinter uns. Vom 30.10. bis 01.11.2021 fuhren wir ins Rheinland um unsere gesammelten Spenden an die Hochwasseropfer zu übergeben. Angekommen im nordrhein-westfälischen Stolberg bot sich uns das Bild einer Geisterstadt. Die komplette Innenstadt war vom Hochwasser betroffen. Alle im Keller und EG befindlichen Wohnungen und Geschäfte befinden sich nun nach 3 ½ Monaten im Rohbauzustand oder noch schlimmer. Teilweise ist noch unklar, ob Häuser erhalten, renoviert oder komplett abgerissen werden müssen. Vor den Häusern stehen Container, jede Menge Müll, Bauschutt und sämtliche Baugeräte. Handwerker sind im Dauereinsatz. Viele Häuser und Wohnungen sind noch immer ohne Strom und fließend Wasser.
In den drei Tagen hatten wir Zeit, uns mit den Menschen vor Ort zu unterhalten. Wir wurden sehr herzlich begrüßt und die Rheinländer nahmen sich Zeit für uns. Die Betroffenen berichteten uns über die Stunden während der Flut und ihrer Angst ums Überleben. Über viele Schicksale wurde uns berichtet und dennoch sind die Menschen dankbar und froh, dass keine Angehörigen oder Freunde in den Fluten ums Leben kamen. Existenzen wurden zerstört, Fotos und Erinnerungen finden sich auf den Müllbergen der Stadt wieder.
Bei den Gesprächen konnten wir heraushören, dass sich viele Menschen mit Anträgen und Behördengängen abmühen müssen.
Staatliche Hilfen und Fördermittel lassen auf sich warten. Deshalb waren wir froh zu sehen, wie groß noch immer die Hilfsbereitschaft und das Engagement der Bürger ist. Wir lernten schwerstbetroffene Familien kennen, die dennoch die Kraft aufbringen den noch Ärmeren zu helfen. In dieser Zeit müssen die Menschen zusätzlich mit Plünderungen, Diebstahl und dem Katastrophentourismus kämpfen.
Insgesamt drei betroffene Gemeinden/Städte haben wir besucht. Schön zu sehen ist, dass sich überall ein großartiges Netzwerk von Ehrenamtlichen entwickelt hat.
Neben Ausgaben von Lebensmitteln und Kleidung gibt es täglich warme Mahlzeiten, zentrale sanitäre Einrichtungen (Duschen, WCs , Waschmaschinen, etc.), Hilfe bei behördlichen Angelegenheiten und Seelsorger, die für jeden ein offenes Ohr haben. Gleichzeitig wurde von den Helfern ein Ort der Begegnung geschaffen. Die Menschen können sich austauschen und die Kinder dürfen in den „Spielzelten“ ein bisschen Normalität zurückerlangen.
Durch den großartigen Erfolg unserer Spendenaktion am 15.08.2021 und die zusätzliche Aufstockung vom Verein Von Mensch zu Mensch, Empfingen e.V. hatten wir nun eine Spendensumme in Höhe von 30.000 €, welche wir übergeben durften.
Diese haben wir wie folgt aufgeteilt:
- Eine Rentnerin aus Stolberg hat den kompletten Hausstand der letzten 50 Jahre verloren. Sie konnte sich in letzter Minute zu Bekannten in ein höher gelegenes Wohngebiet retten. Geblieben ist ihr lediglich ihr Pass und die Kleidung, die sie trug.
- Eine 5-köpfige Familie, ebenfalls aus Stolberg, die momentan bei Verwandten auf engstem Raum zusammenlebt. Die Wohnung der Familie befand sich direkt am Vichtbach und wurde komplett geflutet. Auch sie haben ihr komplettes Hab und Gut verloren. Die Mutter, die Tochter und das Baby waren bereits in Sicherheit als der Vater zusammen mit dem Sohn die Wohnung verlassen wollte. Durch die Wucht der Wassermassen stürzte der Vater und hat sich schwer verletzt und ist seither arbeitsunfähig.
- Eine alleinerziehende Mutter aus Erftstadt-Blessem. In Blessem wurde durch die Unterspülung mehrerer Kiesgruben ein riesiger Krater gebildet, der ganze Häuser in die Tiefe riss. Das Haus der Familie befindet sich direkt an der Abbruchkante. Ein Katastrophenalarm für die Anwohner wurde nicht ausgerufen. In der Nacht vom 14. auf 15. Juli wachte der Sohn an den wasserfallartigen Geräuschen auf, weckte seine Mutter und Oma, die sich ebenfalls im Haus befanden und rettete somit ihr aller Leben. Sie konnten sich im Nachbarort in Sicherheit bringen. Erst sieben Wochen nach der Katastrophe durften sie ihr Haus zum 1.Mal wieder betreten. Dies hatte zur Folge, dass die Wasser- und Schlammmassen ihr Haus vollständig bis ins Dachgeschoss zerstört hatten. Ein Wiederaufbau wird angestrebt.
- Ein Ehepaar aus Zweifall. Das Ehepaar lebt am Ortsrand der 2000 Einwohner-Gemeinde. Die Flut hat ihr Eigenheim mit aller Wucht getroffen. Die gesamte Einrichtung, sowie das schöne Anwesen ist zerstört. Durch die ausgelaufenen Öltanks sind die Gemäuer nun komplett mit Öl vollgesaugt. Die Familie hat sich mit diesem Grundstück/Haus die letzten sieben Jahre über, ihr eigenes kleines Paradis am Waldesrand geschaffen. Alles wurde aus eigener Kraft und mit viel Energie erbaut. Jahr für Jahr schufen sie mit eigenen Händen an ihrem Lebenstraum. Inzwischen war ihr Häuschen im Grünen so wie sie es sich immer gewünscht hatten. Sie hatten einen tollen Garten mit einem kleinen Pool, ihrer eigenen kleinen Sauna, tollen Pflanzen und Bäumen. Ihr Anwesen wurde mit viel Liebe gepflegt und dekoriert. Nach der Überschwemmung ist unklar, ob die beiden ihr Haus behalten können. Das Haus muss entweder abgerissen oder ggf. fast vollständig entkernt werden. Aktuell haben sie mit Gutachtern und Behörden zu kämpfen. Neben dem alltäglichen Leben im Krankenhausalltag und in der Gastronomie gilt es jetzt Anträge auszufüllen, Termine mit Handwerken zu machen und sich mit Behördengängen abzumühen. Falls ihr Grundstück direkt am Bach nun ins Hochwasserrisikogebiet eingestuft wird, ist allerdings unklar, ob das Haus überhaupt am selben Ort wieder aufgebaut werden kann. Mit den zwei Hunden, Katzen und Kaninchen (die Hühner sind in der Flut ums Leben gekommen) haben sie sich den Ort geschaffen, an dem sie ihr Leben verbringen wollten. Von dem einen auf den anderen Tag war alles weg.
- Zu guter Letzt führte unsere Reise zurück nach Empfingen, wo wir ebenfalls einen Teil der Spende überbringen konnten. Das Haus der Empfinger Familie wurde am 23.06. dieses Jahres durch Starkregen und die daraus resultierenden Wassermassen, die sich oberhalb des Baugebietes bildeten und sich dann einen Weg durch die Reinhold-Köhler-Straße suchten, komplett durchspült. Ein Großteil ihrer Besitztümer ist zerstört und musste entsorgt werden. Die Wohnung im EG, sowie die Einliegerwohnung im Keller müssen weitestgehend saniert werden.
Wir können den Betroffenen nicht zurückgeben, was sie verloren haben. Die Trauer und die Betroffenheit der Menschen sind groß. Dennoch halten sie zusammen. Die Hilfsbereitschaft lässt nicht nach und schweißt zusammen. Tag für Tag bauen sich die Menschen in den Hochwassergebieten ihr neues Leben auf und kämpfen sich zurück ins Leben.
Unsere Spendengelder wurden nach bestem Gewissen von uns persönlich aufgeteilt und überbracht. Wir sind dankbar, dass wir so tolle Menschen kennenlernen durften. Unsere neuen Freunde grüßen alle Empfinger Helfer und bedanken sich von Herzen bei allen Spendern und deren Einsatz.
Wir konnten den betroffenen Familien mit unseren Spenden und Geschenken eine große Freude bereiten. Kleine Lichtblicke in der wohl schwersten Zeit ihres Lebens. Wir wünschen aus der Ferne alles Gute, viel Kraft und Durchhaltevermögen.